Comment Bitte beachten Sie:
  • Alle Autoren akzeptieren mit dem Upload ihres Werkes die PhySX-Nutzungsbedingungen !
  • Sämtliche urheberrechtlich geschützte Medien, d.h. nicht-selbst erstellte Bilder, Medien und Videos werden kommentarlos gelöscht!

Fingerpulsmesser

Aus PhySX - Physikalische Schulexperimente Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Fingerpulsmesser
Pulsmesser.jpg

Aufbau des Experiments

Kurzbeschreibung
Bau eines Fingerpulsmessers, der Herzschläge mithilfe eines Oszilloskops sichtbar macht
Kategorien
Elektrizitätslehre, Halbleitertechnik
Einordnung in den Lehrplan
Geeignet für: Sek. II
Basiskonzept: Wechselwirkung: Reflexion am Finger, System: Stromkreis
Sonstiges
Durchführungsform Aufbauexperiment (z.B. als Projekt) oder Demoexperiment
Anzahl Experimente in dieser Unterkategorie 1
Anspruch des Aufbaus mittel bis schwer
Informationen
Name: Mara Hinz
Kontakt: @
Uni: Humboldt-Universität zu Berlin
Betreuer*in: Tobias Ludwig
This box: view  talk  edit  

Der Fingerclip, den Patienten in Krankenhäusern an den Finger gesteckt bekommen, ist vermutlich jedem bekannt. Er misst den Puls des Patienten und kann sogar die Sauerstoffsättigung des Blutes angeben. In diesem Experiment soll der prinzipielle Aufbau eines Pulsmessers nachvollzogen werden und im Zuge dessen ein kleiner selbst gebauter Fingerpulsmesser entstehen.

Didaktischer Teil

Besonders in Physik gibt es das Problem der Interessens- und Leistungsunterschiede zwischen Mädchen und Jungen. Den Leistungskurs Physik wählten in Berlin im Schuljahr 2015/2016 nur etwa 3,0% aller Mädchen, wohingegen sich ca. 14,2% aller Jungen für Physik entschieden (vgl. [1] Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft).
Im Kircher[1] (2009, S. 589 f.) wird auf Grundlage der Studien von Hoffmann u.a. (1998) deshalb dazu geraten, Sachthemen in einen Kontext zu betten, für den sich Mädchen interessieren. Besonders geeignet seien dafür medizinische Kontexte.
Eine weitere Möglichkeit zur Förderung des generellen Interesses an physikalischen Themen ist, deren Behandlung im Unterricht als praktische Erfahrung für die Schülerinnen und Schüler zu konzipieren. Güdel[2] (2014) hebt in ihrer Dissertation den Nutzen eines handlungsorientierten Unterrichtes für den Ausgleich der Interessensunterschiede zwischen Mädchen und Jungen hervor. Ähnlich formulieren es auch andere Autoren. Mädchen entwickelten mehr Interesse, "wenn sie selbst etwas tun, bauen oder konstruieren dürfen, das einen nachvollziehbaren Sinn hat" (Wellensick u.a.[3] 2005, S. 191). Zudem soll ein praktischer Nutzen absehbar sein.
Das Experiment zum Fingerpulsmesser bietet die Möglichkeit im Rahmen eines Projektes oder eines Zusatzkurses in einer kleinen Gruppe von Schülern, diesen nachzubauen und dabei Kenntnisse zu Halbleiterbauteilen, Kondensatoren und Widerständen zu vertiefen. Durch die reale und erfahrbare Anwendung im medizinischen Bereich liegt das Experiment im Interessensbereich insbesondere der Mädchen. Auch wenn das Prinzip heutzutage in Fitnessarmbändern oder Smartwatches verwendet wird, so ist sicherlich auch die Verwendung als Fingerclip in Krankenhäusern bekannt. Dort wird nicht nur der Pulsschlag gemessen, sondern auch die Sauerstoffsättigung des Blutes. Dass das funktioniert, hängt mit den reflektierenden Eigenschaften bestimmter Bestandteile des Blutes zusammen. Der Fingerpulsmesser kann also auch fächerübergreifend mit Biologie und Chemie behandelt werden.
Wenn der Fingerpulsmesser als Demonstrationsexperiment ‒ also schon fertig gebaut ‒ vorgeführt wird, sollten mehrere Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit bekommen, ihren Puls messen zu lassen. Es sollte die Funktionsweise geklärt und der medizinische Kontext diskutiert werden, um den praktischen Nutzen des Aufbaus hervorzuheben.

Versuchsanleitung

Aufbau

Geräte und Bauteile:

Die meisten Bauteile wurden bei reichelt elektronik bestellt. Die dortige Artikelnummer ist jeweils angegeben.

1 Experimentier-Steckboard z. B. Artikel-Nr.: STECKBOARD 1K2V
Mehrere Steckbrücken z.B. aus dem Steckbrücken-Drahtbrücken-Set, Artikel-Nr.: STECKBOARD DBS
Flexible Drahtbrücken für die Dioden
1 Batterie 9V
1 Spannungsregler bis zu 1,5A Gehäuse: TO-220 Artikel-Nr.: µA 7805
1 Tantal-Kondensator 1,0µF, 35V Artikel-Nr.: TANTAL 1,0/35
2 Tantal-Kondensatoren 0,1µF, 35V Artikel-Nr.: TANTAL 0,1/35
3 Widerstände 0,5W, hier: einmal 47Ω und zweimal 47000Ω
1 LED (Infrarotdiode: λ=880nm) Uf=1,9V, If=100mA Artikel-Nr.: SE 3470-003
1 Fotodiode (λ=870…950nm) Uf=12V Artikel-Nr.: BPV 10NF
1 NF Verstärker bei PHYWE: Artikel-Nr.: 13625-93
1 Digitales Speicheroszilloskop
Kabel für den Verstärker und das Oszilloskop
Abb. 1: Schaltplan

Aufbau:

Der Aufbau erfolgt nach dem Schaltplan in Abb. 1. Dabei ist:

  • C1=C2=0,1µF
  • C3=1,0µF
  • R1=47Ω
  • R2=R3=47000Ω

Zum Vergleich ist in den Abbildungen 2 und 3 die Anordnung der kleinen Bauteile auf dem Steckboard nachzuvollziehen.
Für den Betrieb der Dioden sind strombegrenzende Vorwiderstände (hier R1 und R2) notwendig. Diese können bei Bedarf verändert werden. Allerdings sollte der Widerstand nicht kleiner sein als Rv. Der Vorwiderstand Rv berechnet sich nach folgender Formel , wobei Ub die angelegte Spannung, Uf die Betriebsspannung der Diode und If der Betriebsstrom der Diode sind.

Abb. 2: Aufbau auf dem Steckboard
Abb. 3: Aufbau auf dem Steckboard (groß)

Eventuell können die Dioden nicht direkt in das Steckboard gesetzt werden, weil doch nachher der Finger darauf gelegt werden soll. Es empfiehlt sich, mithilfe flexibler Drahtbrücken, die gerne etwas länger sein können, die Dioden vom Steckboard wegzuführen und eine Vorrichtung zu basteln bzw. zu bauen, die stabiler und damit geeigneter ist, um den Finger darauf zu legen. Hier wurden zwei nebeneinanderliegende Löcher in ein Holzbrett gebohrt, das an einem Stativ befestigt wurde (vgl. Abb. 4). Allerdings kann diese Lösung gerne verfeinert werden. Ein Fingerclip würde der realen Anwendung am nächsten kommen, aber es könnte auch ein kleines Kästchen gebaut werden, sodass der Finger von etwaigem Umgebungslicht abgeschirmt wäre. Wichtig ist, die Dioden möglichst nah nebeneinander parallel ausgerichtet zu fixieren.
Bei der Verbindung ‒ also vermutlich Verlötung ‒ der Drahtbrücken mit den Kontakten der Dioden ist es sinnvoll, die Unterscheidung von Kathode und Anode im Nachhinein zu ermöglichen. Des Weiteren sollte darauf geachtet werden, dass sich keine Drähte berühren und auch nichts dergleichen geschieht, wenn der Finger auf die Dioden gelegt wird.

Durchführung

Der Verstärker und das Oszilloskop müssen zunächst eingestellt werden. Im vorliegenden Versuch wurde die Verstärkung pro Amplitude auf den höchsten Faktor 103 gestellt, der kleine weiße Knopf auf AC, also Wechselstrom, und der Regler für die Amplitude auf Maximum.
Die Auflösung der x-Achse beim Oszilloskop sollte auf 200ms oder größer gestellt werden, damit der Bewegung des Graphen direkt gefolgt werden kann. Die Spannungseinteilung an der y-Achse ist abhängig von der Feinheit des Signals. Es kann bei 20mV angefangen und dann entsprechend angepasst werden.
Nun wird die Batterie an den Aufbau angeschlossen und eine Versuchsperson legt einen Finger auf die Dioden.

Abb. 4: Lage der Dioden zum Steckboard

Sollte nicht das gewünschte Bild erscheinen, können folgende Schritte unternommen werden:

  • Zuerst sollte überprüft werden, ob die Batterie nicht zu stark geleert ist. Dann wären am Oszilloskop zwar unregelmäßige Schwankungen erkennbar, diese aber nicht mehr mit dem Pulsschlag identifizierbar.
  • In einigen Fällen können auch induzierte Magnetfelder in den Kabeln oder Erschütterungen die feine Messung stören.
  • Alle Kontakte sollten überprüft werden und eventuell muss der Verstärker oder das Oszilloskop anders eingestellt werden.
  • Es sollte auch eine zweite Versuchsperson ihren Finger auf die Dioden legen. Nach einigen Erfahrungen mit dem Versuch sind manche Versuchspersonen geeigneter als andere, d. h. bei einigen ist der Puls leichter zu messen als bei anderen. Auch die Wahl oder Lage des Fingers kann die Signalstärke beeinflussen.

Dass die Leuchtdiode tatsächlich leuchtet, kann mit einigen Kameras (eventuell von Smartphones) festgestellt werden. Durch die Kamera betrachtet, sieht das Licht leicht violett wie bei der linken Diode in Abb. 4 aus.

Ergebnisse

Abb. 5: Anzeige des Oszilloskops

Wenn alles richtig funktioniert, stellt sich ein typischer periodischer Verlauf des Graphen ein. Als Vergleich soll Abb. 5 dienen. Es ist in gleichmäßigen Abständen eine Erhöhung der Spannung festzustellen, wobei kurz nach Erreichen des Maximums ein zweites Maximum gemessen wird.

Wird das Bild des Oszilloskops mithilfe der STOP-Taste eingefroren, so kann die „Herzschlagfrequenz” abgelesen und mit dem manuell gemessenen Puls verglichen werden.
Im Folgenden ist dies zweimal gemacht worden, wobei beim zweiten Versuch eine größere Einteilung der Zeitachse am Oszilloskop gewählt wurde (500ms statt wie vorher 200ms).
Erster Versuch: Eine Zählung der Spannungsspitzen ergab 3 Spitzen in 1,6s. Hochgerechnet ergäbe das ca. 113 Spannungsspitzen pro Minute wobei der manuell gemessene Puls bei 105 Schlägen pro Minute lag.
Zweiter Versuch: Hier wurden 8 Spitzen in 5,5s gemessen, was 87 Spannungsspitzen pro Minute macht. Der gleichzeitig gemessene Puls lag bei 91 Schlägen pro Minute.
Im ersten Versuch gibt es eine höhere Diskrepanz zwischen den beiden verglichenen Werten als im zweiten Versuch. Dies kann daran liegen, dass ein kleinerer Zeitraum für die Messung mit dem Fingerpulsmesser werwendet wurde, was zu höheren Messunsicherheiten führen kann. Generell wird so eher der momentane Puls gemessen, während bei der manuellen Messung eine gleichmäßige Verteilung der Herzschläge über die gemessene Minute suggeriert wird. Es können jedoch Pulsschwankungen aufgetreten sein. Zum Vergleich mit dem eigentlichen Herzschlag ist also eine größere Zeiteinteilung der x-Achse am Oszilloskop ratsam.

Auswertung

Theoretisch sollte das ausgesendete Licht der LED vom Finger und vorrangig vom darin fließenden Blut reflektiert werden und von der Fotodiode detektiert werden. Dabei sollte mehr Licht reflektiert werden, wenn durch einen Herzschlag kurzfristig mehr Blut durch die Adern fließt.
Die Messung des Pulses bzw. die Übereinstimmung der mit dem Oszilloskop gemessenen Spannungsmaxima mit den Pulsschlägen kann überprüft werden, indem gleichzeitig mit der Versuchsdurchführung der Pulsschlag gefühlt wird. Da dies im vorliegenden Versuch der Fall war, kann der Versuchsaufbau als Pulsmesser bezeichnet werden. Auch die Zählung der Spannungsmaxima in einer Minute stimmte unter Beachtung der Messungenauigkeiten, die im Ergebnisteil diskutiert wurden, mit der Anzahl der Pulsschläge pro Minute überein.
Ob dies technische Ursachen oder tatsächlich mit dem Blutfluss zu tun hat, bleibt zu klären. Es könnte durchaus sein, dass der Finger bei einem Pulsschlag minimale mechanische Bewegungen macht, die den Aufbau insofern stören, als eine Spannungsschwankung registriert wird, die aber nichts mit dem reflektierten Licht der LED zu tun hat. Dennoch bleibt das Erlebnis, mit einem selbst gebauten Gerät den eigenen Puls gemessen zu haben.

Der Aufbau könnte eventuell erweitert werden, sodass die Spannungsspitzen bzw. Pulsschläge gezählt werden und möglicherweise eine Herzschlagfrequenz angegeben wird. Vorschläge dazu finden sich im Internet.

Sicherheitshinweise

Der hier vorgestellte Fingerpulsmesser darf nicht für medizinische Zwecke eingesetzt werden!

Literatur

  1. Kircher, E., Girwidz, R. & Häußler, P. (2009): Physikdidaktik ‒ Theorie und Praxis; 2. Aufl., Springer-Verlag, Berlin Heidelberg.
  2. Güdel, K. (2014): Technikaffinität von Mädchen und Jungen der Sekundarstufe I ‒ Untersuchung von Technikinteresse, Selbstwirksamkeitserwartung, Geschlechterrollen und Berufswünschen; Univ. Genève, verfügbar unter Univ. Genève [29.09.2016].
  3. Wellensick, A., Welzel, M. & Nohl, T. (2005): Didaktik der Naturwissenschaften ‒ Quo vadis?; Logos Verlag, Berlin.

Siehe auch